"Lutherfahrt" - eine gute Tradition am KFG

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Bereits zum 7. Mal wandelte ein evangelischer Religionskurs aus Achtklässlern auf den Spuren Martin Luthers. Unter der fachkundigen und engagierten Leitung von Frau Bleck wurde das Leben des großen Reformators auf unserer Fahrt vom 21.-24. August 2015 lebendig. - Der aktuelle Kurs wurde von der Konfirmandengruppe der ev. Kirchengemeinde Beuel-Süd (Leitung: Frau David und Pfarrer Verwold) begleitet. Vom Kollegium wurde Frau Bleck von Frau Samardzic unterstützt. Da auch Schülereltern gerne mitgenommen werden, schloss ich mich in diesem Jahr der Gruppe an.

Der erste Halt auf unserer Fahrt ist die Autobahnkapelle „Licht auf dem Weg“ auf einem Autohof bei Kassel. Der minimalistische Zweckbau aus nacktem Beton – bei den KFGlern stellten sich fast heimatliche Gefühle ein – lässt keine Ablenkung zu, führt zur Ruhe und zum Thema der Andacht: „…und siehe ich bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Mt. 28,20). Danach ein Lied und ein kurzes Gebet, anschließend nehmen wir uns noch einen Reisesegen mit und begeben uns auf den Weg in Luthers Welt.

Die nächste Station ist Eisleben, Luthers Geburtsstadt. Hier werden wir museumspädagogisch betreut und mit seiner Herkunft und der Situation seiner Eltern und Geschwister vertraut gemacht: Sein Vater Hans Luther war Bergmann und später Mineneigner im benachbarten Mansfeld. Martin Luther wurde am 10. November 1483 geboren und am folgenden Tag (Martinstag) in der benachbarten St.-Petri-Pauli-Kirche getauft. Mit ihrem in den Boden eingelassenen Taufbecken, in dem ein Erwachsener Platz findet, lädt sie heutzutage ein, sich mit dem Thema Taufe intensiv auseinander zu setzen:

„Tiefe Wasser, in die Menschen hinabsteigen und aus denen sie aufsteigen können, lassen das Geheimnis des unausweichlichen Todes und des unverlierbaren Lebens in Jesus Christus sinnlich erfahrbar werden.“ (Prof. Dr. Dorothea Sattler)

Baptismo (Ich bin getauft) – für Martin Luther war seine Taufe ein wichtiges Ereignis. Aus dieser Quelle schöpfte er Kraft in Situationen des Zweifelns und der Trauer.

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Zeitlebens unterhielt Luther einen engen Kontakt zu den Grafen von Mansfeld, wohin die Familie schon 1484 übersiedelte. Dem Mansfelder Land bleibt Luther bis zu seinem Tod verbunden: Am 18. Februar 1546 stirbt er in Eisleben wohin er zur Schlichtung eines Streites der Mansfelder Grafen gerufen worden war. - Im Sterbehaus Luthers am Andreaskirchplatz 7 werden seine letzten Stunden nachgezeichnet. Besonders wichtig war das Sterbeprotokoll, das ein sanftes Entschlafen des Dr. Martinus Luther dokumentiert – obwohl dem Ketzer ein grausames Ende vorausgesagt worden war.

Am Ende eines ereignisreichen Tages erreichen wir Wittenberg. Die Stadtkirche St. Marien  (Luthers Wirkungsstätte) liegt eingebettet im historischen Stadtkern mit wunderschön restaurierten Fachwerkhäusern.

Am nächsten Morgen besichtigen wir das Lutherhaus. Das ehemalige „schwarze Kloster“, übereignete der Landesherren Martin Luther 1532. Hier lernen wir wichtige Stationen aus Luthers Leben kennen: 1511 kommt Luther nach Wittenberg und wird 1512 an der Leucorea, der Wittenberger Universität zum Doctor Theologiae promoviert. Er erhält eine Professur in Lectura in Biblia (Bibelauslegung), die er bis zu seinem Lebensende innehat. - Hier begegnet er neben wichtigen reformatorischen Weggefährten wie Philipp Melanchthon, Johannes Bugenhagen und Justus Jonas, auch dem Maler, Apotheker und Bürgermeister, Lucas Cranach dem Älteren. Die Freundschaft der beiden Männer zeigt sich darin, dass Lucas Cranach die entflohene Nonne Katharina von Bora seinem Freund Martin Luther als Ehefrau „zuführt“ und sowohl Trauzeuge als auch Pate von Luthers Kindern ist. - Bedenkt man, dass zur damaligen Zeit Bilder eine große Bedeutung bei der Verbreitung kirchlicher und staatlicher Lehren hatten, so kann man ermessen, dass die schnelle Verbreitung der Reformation Luthers großer Popularität geschuldet war. Zu seiner Zeit war er die meistgemalte Person und von daher vielen Menschen bekannt. - Ebenso entstanden in der Werkstatt des berühmten Schnellmalers Cranach (= Pictor Celerissimus) großartige Altarbilder: Der Reformationsaltar in der Marienkirche und die Zehn-Gebote-Tafel in der Gerichtslaube des Wittenberger Rathauses.

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Im Hause Cranach befand sich auch eine Druckerei. Am Sonnabend-Nachmittag besichtigen wir diese und lernen, dass Drucker zu Luthers Zeit ein Lehrberuf war, während heute in jedem Haus ein Drucker steht.

Die Sonderausstellung über Lucas Cranach d.J. anlässlich seines 500. Geburtstages  in Cranachs Haus am Markt ist besonders interessant. Die Vielzahl der von ihm geschaffenen und in der Ausstellung gezeigten Gemälde ist unglaublich und sehr beeindruckend.

Am Sonntag feierten wir Gottesdienst in der Marienkirche. Pfarrer Dr. Johannes Block hält die Predigt und wir bestaunen während des Abendmahls die Kunstwerke auf der Vorder- und Rückseite des Reformationsaltars.

Am Nachmittag führt uns Katharina von Bora durch Wittenberg. Wir erhalten Einblicke in das Leben der beginnenden Neuzeit und lernen, wie es bei Luthers und Cranachs zugeht. Wir erfahren, dass Luther die Gottesdienste in deutscher Sprache eingeführt und auch viele Kirchenlieder getextet hat.

Am Abend bekommen wir bei einem zünftigen mittelalterlichen Mahl von Luthers Knecht berichtet, welche Bedeutung es für das Volk hatte, das Wort Gottes von Luther und den anderen Reformatoren in deutscher Sprache ausgelegt zu bekommen. So entstand ein unglaublicher Bildungshunger der einfachen Bevölkerung. Luthers Freund Melanchthon, ein führender Kopf der humanistischen Bewegung, erarbeitete in dieser Zeit ein Konzept für ein humanistisches Gymnasium. Das erste humanistische Gymnasium entstand in Nürnberg.

Am Montag brechen wir nach Eisenach auf. Hier lebte Luther als Lateinschüler bei der Familie Cotta. Später wurde er als „Junker Jörg“ auf der Wartburg versteckt. Dort übersetzte er das Neue Testament in die deutsche Sprache.

Von Eisenach brechen wir wieder auf in Richtung Bonn und nehmen eine Vielzahl von Eindrücken mit nach Hause. Wir haben einige deutsche Kulturlandschaften durchstreift und konnten an Luthers Hand vom Mittelalter in die Neuzeit spazieren.

(Dr. Stephan S.)